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ODESSABLOG Die Stadt verbietet den CSD

13.08.2015 | cb — Keine Kommentare
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Jeden Tag berichtet Naomi Lawrence von Munich Kyiv Queer über ihre Zeit in der Stadt am Schwarzen Meer. Unsere Gruppe unterstützt den OdessaPride der Gay Alliance Ukraine vom 14. bis 16. August 2015. Vor Ort sind neben Naomi Lawrence auch Barbara Grabski und Marco Schneider, alle beide gehören ebenfalls Munich Kyiv Queer an. Die Münchner Künstlerin Naomi Lawrence lädt in Odessa zur Ausstellung „Wonder Woman“ und sie gibt einen Workhop zum Thema „Kreativer Protest“. Die Aktionen unterstützen der CSD München und das Kulturreferat der Landeshauptstadt.

Naomi Lawrence. Bild: Andrea SömmerNachdem letzte Nacht das Gericht in Odessa entschieden hat, dass der Pride nicht stattfinden darf, überschlagen sich die Ereignisse. Das Hostel, in dem die Teilnehmer*innen aus anderen Städten untergebracht werden sollten, sagt plötzlich ab. Die circa 20 Gäste müssen im Queer Home der Gay Alliance Ukraine warten, bis gegen 14 Uhr ein Ersatz gefunden wird. Aber am Freitag kommen noch einmal 30 Leute und für sie gibt es noch keine Unterkunft.

Die Regionalverwaltung bestellt Anna Leonova ein, die das Queer Home in Odessa leitet, und teilt ihr mit, dass gewaltbereite Ultras (Hooligans) am Wochenende in Odessa erwartet werden. Sie raten uns, die Stadt zu verlassen.

Inzwischen haben Zivilpolizisten vor dem Queer Home Stellung bezogen. Alle Orte, an denen Veranstaltungen stattfinden sollten, sagen nach und nach ab. Sie wurden von der Polizei informiert, dass sich dort ‚Fags‘ treffen und in der Folge Übergriffe von Faschisten zu befürchten seien.

Es wird abgestimmt, ob alles abgesagt werden soll, weil es zu gefährlich ist. Ein Mitglied des Orga-Teams tritt zurück, weil er große Angst vor gewalttätigen Übergriffen hat. Er war schon beim Pride in Kiew dabei und wurde von Faschisten angegriffen. Alle anderen sind dafür, den Pride im Rahmen der legalen (und kreativen) Möglichkeiten stattfinden zu lassen.

Es findet sich sogar ein alternativer Veranstaltungsort, der aber nicht bekannt gegeben wird, weil die Organisator*innen davon ausgehen, dass sie abgehört werden.

Es wird noch lange beraten, welche Veranstaltungen wie und wo stattfinden können. Anna Leonova und Alina, der zweiten Vorsitzenden, sind am Samstag jegliche Aktionen verboten worden. Irgendwann kommt zum zweiten Mal an diesem Tag ein uniformierter Polizist herein und zitiert Anna hinaus. Diesmal handelt es sich um ein Paket, das geliefert wurde. Die Polizei vermutet, es könnte eine Bombe sein. Aber falscher Alarm, es sind Magazine.

Bevor wir dann endlich zum Essen aufbrechen können, kommt noch ein älterer Herr herein und sagt, er komme von einer Organisation für Schwule und Lesben, von der aber noch niemand gehört hat. Er möchte wissen, wer die Verantwortliche für den Pride ist. Anna beantwortet höflich seine Fragen, aber es bleibt unklar was er eigentlich will.

Endlich brechen wir auf zum Restaurant, eine Gruppe im Auto, die zweite Gruppe mit Anna in der Tram. ‚Unauffällig‘ verfolgt von einem Auto mit Zivilpolizisten.

Im Restaurant herrscht trotz allem heitere Stimmung, die Ukrainer wirft so schnell nichts aus der Bahn. Eigentlich hätte dies ein feierlicher Empfang und das Eröffnungsessen sein sollen. Nun ist es eine Krisensitzung mit vielen kreativen Ideen. Irgendwann kommt noch ein Anruf, dass zwei Ehrenamtlichen die SIM-Karte gesperrt wurde. Bei manchen steigt leichte Paranoia auf.

Der Abend endet in kämpferischer Stimmung. Alle sind gewillt, sich nicht unterkriegen zu lassen.“

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