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Ehrenamtler von Munich Kyiv Queer in Kyiw attackiert!

27.03.2014 | cb — Keine Kommentare
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An der Haustüre haben sie ihn abgepasst, morgens um sechs. Drei vermummte Männer stürmten auf Konstantin M. zu, schlugen ihm ins Gesicht und in die Nieren. Sie beschimpften ihn als Schwuchtel. Auch seine Herkunft spielte ein Rolle: Der schwule Mann kommt von der Krim; seine Großeltern leben dort. Die Polizei kam nach 40 Minuten, nahm den Vorfall minutiös zu Protokoll. Den homophoben Hintergrund der Tat ignorierten die Beamten; er taucht in der Beschreibung nicht auf.

Konstantin M. war noch vor wenigen Tagen in München, um – zusammen mit drei Frauen und zwei weiteren Männern der ukrainischen Lesben- und Schwulenbewegung – an einer Workshop-Woche zum Thema „Ehrenamt in der Münchner Szene“ teilzunehmen. Er kommt von der Gay Alliance Ukraine in Kyiw. Organisiert hatten die Veranstaltung der CSD München, Munich Kyiv Queer und die Organisationen der Münchner Lesben-, Schwulen- und Transgender- (LGBT-)Community wie das Sub, LeTRa, die Münchner Aids-Hilfe und Team München. Das Kulturreferat der Stadt München hat den Austausch gefördert.

Die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer rief deshalb am Freitag, 28. März, zu einer Kundgebung auf. Gemeinsam haben Ukrainer und Deutsche am Fischbrunnen vor dem Rathaus demonstriert.

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„Wir haben Kostja als einen sensiblen und engagierten jungen Mann kennengelernt, der mit hoher Konzentration und Feuereifer bei der Projektwoche in München dabei war und in naher Zukunft mit uns ein innovatives Projekt für die LGBT-Community in Kyiw realisieren will“, sagt Sibylle von Tiedemann, die die Woche zusammen mit Uwe Hagenberg organisiert hat. Konstantin M. hat sich die gesamte Woche über in das ehrenamtliche Engagement der Münchner Szene eingebracht: Er hat einen Blog geschrieben, fotografiert und zum Schluss als Bar-Tender hinter der Theke des Münchner Schwulenzentrums Sub die Gäste bedient. Hagenberg und von Tiedemann sind Mitglieder der Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer, die die Zusammenarbeit der Münchner und Kyiwer Lesben-, Schwulen- und Trans-Szene koordiniert. München und Kyiw sind Partnerstädte. „Umso mehr erschüttert uns dieser aggressive Überfall“, sagt von Tiedemann.

Die Mitfrauen und Mitglieder von Munich Kyiv Queer haben während der Kundgebung einen Brief an die Stadt überreicht. „Wir bitten die Landeshauptstadt, bei der Stadtverwaltung in Kyiw zu intervenieren und eine bedingungslose Aufklärung dieses Verbrechens einzufordern“, sagt Thomas Lechner. Der DJ vom Candy Club ist Mitglied bei Munich Kyiv Queer. „Außerdem fordern wir, dass die Europäische Union (EU), die ja gerade über die Liberalisierung des Reiseverkehrs mit der Ukraine verhandelt, die Einhaltung der Menschenrechte zur Grundlage dafür macht.“ Es brauche unbedingt ein Anti-Diskriminierungsgesetz, das auch die sexuelle Orientierung und Gender-Identität umfasse. Die EU scheint indes dazu bereit, die ukrainische Übergangsregierung von dem gesellschaftlich umstrittenen Passus zu befreien, um das Land schnell an den Westen zu binden.

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„Die Ereignisse der vergangenen Tage beweisen nur, dass die LGBT-Community in der Ukraine wie auch alle anderen sozialen Gruppen vor Gewalt und Diskriminierung geschützt werden müssen“, sagt Stanislaw Mischtschenko, LGBT-Aktivist der Gay Alliance Ukraine und ebenfalls Mitglied von Munich Kyiv Queer. „Das gilt gerade jetzt, da uns die Situation im Land unsicher macht. Wir brauchen diesen Schutz unbedingt und zwar jetzt sofort.“ Die bekannte Münchner Künstlerin Naomi Lawrence hat zu diesem Anlass eigens ein Transparent entworfen, das auf der Demo zum Einsatz kam (siehe Bild).

Am Fischbrunnen haben die Münchnerinnen und Münchner Konstantin M. vergangenen Sonntag nach Kyiw verabschiedet. Es war ein trauriger, aber herzlicher Abschied. Am Fischbrunnen fand deshalb auch die Kundgebung statt. Konstantin M. liegt mit einem Hämatom, einer aufgeplatzten Lippe und Schmerzen zuhause. Der Schock sitzt tief – auch in München.

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